Berliner Landes-Antidiskriminierungsgesetz: Meilenstein in der Bekämpfung von Racial Profiling und struktureller Diskriminierung

In Berlin wurde gestern das erste Landes-Antidiskriminierungsgesetz (LADG) Deutschlands beschlossen. Das Gesetz ist einzigartig, weil es sich – anders als das Bundesgesetz AGG – auf die Diskriminierung durch öffentliche Behörden bezieht und Betroffenen ermöglicht, gegen Willkür und Diskriminierung durch Polizei, Schulen und Bürgerämter vorzugehen.

Das neue Landesgesetz erkennt strukturelle Diskriminierung an und stärkt die Rechte von Betroffenen.  Es ermöglicht ihnen, gegen Diskriminierungen durch öffentliche Stellen wie Polizei, Schulen, Universitäten oder Bürgerämter vorzugehen.

Das Gesetz richtet sich somit auch explizit gegen Racial Profiling und Diskriminierung durch die Polizei. Gerade jetzt, wo verstörende Bilder aus den USA die Konsequenzen struktureller Ungleichheit aufzeigen, setzt die Landesregierung mit dem LADG ein wichtiges Zeichen im Kampf für Gerechtigkeit. Mit einer Reihe von Regelungen wie Beweiserleichterung, Prozessstandschaft, der LADG-Ombudsstelle und der Möglichkeit, dass Verbände für Betroffene klagen können, erleichtert das Gesetz Opfern von Diskriminierung, ihr Recht durchzusetzen. Mit dem Gesetz kommt Berlin als einziges Bundesland europäischen Vorgaben zum Diskriminierungsschutz nach.

„Das vom Abgeordnetenhaus verabschiedete LADG ist eine lang erwartete Maßnahme, die Menschen, die von Diskriminierung und insbesondere von rassistischer Diskriminierung betroffen sind, die Möglichkeit gibt, bei Diskriminierung auch gegen Behörden und staatliche Institutionen zu klagen“, sagt Tahir Della, Sprecher der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland und ndo-Vorstandsmitglied.

Das Gesetz ist nicht zuletzt auch das Ergebnis jahrzehntelanger Bestrebungen von Verbänden und zahlreichen zivilgesellschaftlichen Organisationen in und um Berlin. ndo-Vorstandsmitglied Armaghan Naghipour dazu: „Mit dem ersten Landes-Antidiskriminierungsgesetz Deutschlands geht Berlin einen historischen Schritt hin zur Abschaffung struktureller Diskriminierung und nimmt seine Verantwortung als Hauptstadt der Vielfalt ernst.“

Das LADG schließt Schutzlücken, die das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) als Bundesgesetz offengelassen hat. Gleichzeitig bleiben kopftuchtragende muslimische Frauen trotz LADG weiterhin struktureller Diskriminierung ausgesetzt: durch das sogenannte Berliner Neutralitätsgesetz wird ihnen der Zugang zu öffentlichen Ämtern weiterhin systematisch verwehrt. Hier bedarf es dringender Nachbesserung.

Deutschland hat sich verpflichtet, internationale Menschenrechte einzuhalten und wirksamen Schutz vor allen Formen der Diskriminierung zu bieten – uneingeschränkt für alle. Die neuen deutschen organisationen begrüßen daher den Vorstoß, den Berlin mit dem LADG macht. Gleichwohl gibt es auf dem Gebiet des Antidiskriminierungsrechts noch einige Hürden, die zu nehmen sind. Die Vorsitzende der ndo, Ferda Ataman, betont: „Die deutsche Gesellschaft ist super divers, der Schutz vor Diskriminierung muss selbstverständlich sein. Andere Bundesländer sind jetzt aufgefordert, ebenfalls Landes-Antidiskriminierungsgesetze einzuführen. Wir brauchen überall wirksamere und umfassendere Maßnahmen gegen Diskriminierung.“