Das Bundesprogramm „Demokratie leben!“ wurde zu Beginn des Jahres neu strukturiert und die Träger in Kompetenzzentren und -netzwerke gebündelt. Wurdet ihr schon vor 2020 vom Bundesprogramm „Demokratie leben!“ gefördert? Wenn ja, was ist seit Beginn dieses Jahres neu für die Stiftung bzw. was hat sich geändert im Vergleich zu den vorherigen Jahren?
Schon in der Vergangenheit haben wir dank der Förderung durch „Demokratie Leben!“ Jugendbeteiligungsprojekte mit und für junge Menschen aufgebaut und beraten. Durch die erste Förderung im Bundesprogramm (2015-2019) konnten wir beispielsweise das bundesweite Bildungsprogramm des Margot-Friedländer-Preis aufbauen und mit der jungen Jury Teilhabemöglichkeiten für junge Menschen schaffen, die ein inklusives Geschichtsverständnis unserer Migrationsgesellschaft mitbringen und sich aktiv gegen Antisemitismus und Rassismus einsetzen. In unserem Seminarprogramm haben wir – mit einem europäischen Fokus – viel mit und an Berufsschulen gearbeitet und z.B. neue Netzwerke in Sachsen und Brandenburg aufgebaut. Neu für uns ist der erweiterte Fokus: Neben jungen Perspektiven auf die Migrationsgesellschaft schaffen wir Angebote für Multiplikator*innen der Sozialen Arbeit und der kommunal verankerten Partnerschaften für Demokratie. Neu ist auch die gute enge Zusammenarbeit mit mehreren Trägern, die wir als Allianzpartner*innen in der Arbeit für ein Selbstverständnis als offene und plurale Migrationsgesellschaft verstehen. Das Kompetenznetzwerk ermöglicht es, viel mehr gesellschaftliche Akteur*innen zu erreichen und mit unseren jeweiligen Kompetenzen ein breites Angebot für Fachkräfte aus der Kinder- und Jugendhilfe anzubieten.
Die Schwarzkopf-Stiftung ist anerkannter Bildungsträger und hat als Zielgruppe junge Erwachsene. Was ist eure Rolle innerhalb des Kompetenznetzwerks Zusammenleben in der Einwanderungsgesellschaft? Welche Projekte/Aktionen wird die Stiftung bis Ende 2024 in diesem Kontext umsetzen?
Unsere Arbeit besteht daraus, Jugendpartizipation zu fördern. Aus Peer- und Dialogprojekten wie der Jungen Jury des Marot-Friedländer-Preis oder der Jungen Islam Konferenz bringen wir Erfahrungswerte aus der diversitätsorientierten Peer-Bildung in das Kompetenznetzwerk mit ein, wollen dabei aber einen noch stärkeren Fokus auf migrantische Perspektiven und die Vernetzung in der Sozialen Arbeit, in Jugendbildungsprojekten und Peer Projekten setzen.
Wir möchten Praxishilfen und Bildungsgespräche liefern, die eint, dass sie aus einer Position entstehen, die Zugehörigkeit in einer Migrationsgesellschaft nicht in Frage stellt und Jugendliche und Fachkräfte of Colour aus der Jugendarbeit, als Expert*innen im Fach, Erfahrungen weitergeben lässt. U.a. haben wir dazu in Corona-Zeiten unser digitales Bildungs- und Beratungsangebot aufgebaut mit dem Instagram-Kanal „Beyond a Single Story“. Besonders ist dabei immer die starke Einbindung unserer jungen Netzwerke, die beispielsweise darauf achten, in der Moderation niedrigschwellige und handlungsorientierte Impulse zu liefern, die auch für müde Augen und Ohren nach einem langen Arbeitstag Bestärkung geben können. Mit der Sommerakademie und den JIK Talks werden wir in den nächsten fünf Jahren auch den Austausch zwischen unseren Netzwerkmitgliedern der Jungen Islam Konferenz und insbesondere Akteur*innen aus der Kinder -und Jugendarbeit fördern und Bedarfe zum Thema Diversität und Partizipation in der Kinder- und Jugendhilfe zusammenbringen und bearbeiten. Daneben gibt es Bereiche, die wir gemeinsam mit den anderen vier Trägern ausbauen, wie zum Beispiel die digitale Fachkonferenz im November, die Perspektiven der Migrationsgesellschaft aus Ost und West zusammenbringt.
Wie seht ihr die Rolle der ndo innerhalb des Kompetenznetzwerks „Zusammenleben in der Einwanderungsgesellschaft“ und insbesondere in Bezug auf eure Arbeit?
Die ndo sind ein sehr wichtiger Partner, wenn es um Partizipation, Antidiskriminierung und Perspektiven von Migrant*innen-Selbstorganisationen geht und eine starke zivilgesellschaftliche Stimme im Austausch mit dem Familienministerium. Insbesondere überschneiden sich unsere Schwerpunkte in den Bereichen Rassismuskritik, Empowerment von Migrant*innen und rassismuskritische Medienbildung. So ist es auch nicht verwunderlich, dass auch viele unserer JIK-Netzwerkmitglieder bei den ndo aktiv sind. Für 2021 planen wir für unsere Medienakademie eine Zusammenarbeit mit den ndo. Den neuen deutschen organisationen kommt zurecht eine herausragende Stellung im Bundesprogramm „Demokratie leben!“ zu, der Begriff hat es in die Ausschreibung selbst geschafft. Wir würden uns somit wünschen, dass Ausschüsse und Gremien der Kinder- und Jugendhilfe nicht nur „einen“ Platz für (post-)migrantische Stimmen schaffen, sondern generell mehr Zugänge und offene Ausschreibungen schaffen, so dass Jugendliche und junge Erwachsene und die vielen Vereine und Initiativen, die noch nicht lange im Feld dabei sind, mit am Tisch sitzen können und dieser Zugang zur Teilhabe immer wieder neu entsteht. Hier leistet auch die Türkische Gemeinde Deutschland als Koordinatorin im Netzwerk eine wichtige Verbindungsarbeit und hat mit Projekten wie der Öffnung im Bundesfreiwilligendienst best practice-Ansätze für die Institutionalisierung vorgelegt.
Vielen Dank für das Gespräch!
(Das Interview führte Türkiz Talay)
Mehr Infos findet ihr unter www.kn-zusammenleben.de oder hier auf unserer Website!