Der Krieg gegen die Ukraine zwingt immer mehr Menschen zur Flucht. Mittlerweile ist die „Massenzustrom-Richtlinie“ der EU in Kraft getreten. Die Richtlinie existiert bereits seit über 20 Jahren, zum Einsatz kommt sie jetzt das erste Mal. Mit der Umsetzung des EU-Beschlusses senkt auch Deutschland die Hürden für die Aufnahme von Geflüchteten aus der Ukraine enorm. Durch die neue Regelung müssen ukrainische Schutzsuchende kein zermürbendes Asylverfahren mehr durchlaufen. Sie erhalten sofort einen Aufenthaltsstatus, der auf drei Jahre verlängert werden kann, eine Arbeitserlaubnis, Anspruch auf Sozialleistungen, auf Gesundheitsversorgung und auf eine angemessene Unterkunft. Die neuen deutschen organisationen begrüßen, dass Solidarität und Menschenrechte großgeschrieben und Ukrainer*innen vergleichsweise unkomplizierten Schutz erhalten. Dieser Schutz muss für alle aus der Ukraine fliehenden Menschen garantiert werden.
Gegenwärtig gelten die vereinfachten Regeln nicht für Menschen, die sich „illegal“ in der Ukraine aufgehalten haben und auch nicht für Drittstaatenangehörige, die in der Ukraine einen befristeten Aufenthaltstitel hatten und aus sogenannten sicheren Herkunftsländern kommen. Obwohl diese Menschen ihren Lebensmittelpunkt in der Ukraine hatten, müssen sie, um in Deutschland Schutz zu erhalten, aufwendig nachweisen, dass sie nicht sicher in ihr Herkunftsland zurückkönnen. Sollte ihnen das nicht möglich sein, steht die erzwungene Rückreise an.
Wir fordern die Bundesregierung auf, die Ungleichbehandlung der Geflüchteten aufzuheben. Die in Kraft getretenen Schutzmaßnahmen müssen ohne Ausnahme für alle geflohenen Menschen gelten.
Die humanitäre, politische und rechtliche Solidarität mit den ukrainischen Geflüchteten markiert eine nie dagewesene Wende in der EU-Flüchtlingspolitik. Innerhalb weniger Wochen hat die EU ihre Grenzen weit geöffnet und ca. zwei Millionen vor Krieg Flüchtende aufgenommen. Damit zeigt die EU: die bisherige brutale Abschottungspolitik ist nicht alternativlos. Die in Kraft gesetzten Regeln für niedrigschwellige Aufnahme müssen jetzt auf weitere Schutzsuchende ausgeweitet werden – zum Beispiel auf syrische, jemenitische oder somalische Menschen, die ebenfalls vor gut dokumentierten Kriegen fliehen und bisher trotzdem langwierige Asylverfahren durchlaufen müssen.
Menschenrechte müssen für alle Menschen gelten und dürfen nicht an Hautfarbe oder Entfernung von Herkunftsländern gekoppelt sein. Die gegenwärtige Situation ist der Moment, um eine radikale Wende im Umgang mit Geflüchteten umzusetzen und die tödliche Abschottungspolitik zu beenden. Deutschland muss hiermit voran gehen.